Die drei Formen des Respekts

In einer Oberschule unterrichtete ein weiser, alter Lehrer. Er hatte drei hoch angesehene Assistenten. Eines Tages sagte er zu ihnen: „Ich bin sehr beschäftigt. Könnte jeder von euch für eine Woche die Klasse übernehmen? Eure Aufgabe ist es, den Schülern Respekt beizubringen. Nach drei Wochen werden wir sie fragen, was sie gelernt haben.

“Der erste Assistent war stark, groß und beeindruckend einige Schüler scherzten, er sei „zwei Meter breit in jede Richtung“. Er führte einen strengen Unterricht, erhob seine Stimme, wenn nötig, und ging immer mit gutem Beispiel voran. Seine Woche war geprägt von harter Arbeit, Disziplin und Struktur. Die Schüler respektierten ihn wegen seiner Stärke und Autorität.

Der zweite Assistent war ruhig, intellektuell und voller Wissen. Er erklärte die Geschichte hinter den Schulregeln, die Bedeutung von Etikette und warum bestimmte Traditionen wichtig sind. Es war eine Woche voller Einsicht und Verständnis. Die Schüler respektierten ihn wegen seiner Klarheit und Tiefe.

Der dritte Assistent war freundlich, herzlich und immer aufrichtig.Er sprach mit jedem Schüler geduldig und mit echtem Interesse. Die Schüler gaben ihr Bestes, nicht weil sie Angst hatten oder weil es ihnen befohlen wurde,sondern weil sie ihn nicht enttäuschen wollten. Es war eine warme, inspirierende Woche. Der Respekt kam ganz natürlich.

 

Nach drei Wochen kehrte der alte Lehrer zurück. Er versammelte die Schüler und die drei Assistenten zur Reflexion.„Sagt mir,“ fragte er die Schüler, „welcher der drei Assistenten hat euren Respekt am meisten verdient?“ Die Schüler konnten sich nicht entscheiden. Sie hatten jeden Assistenten auf eine andere Weise respektiert. „Gut,“ sagte der Lehrer. „Dann lasst uns hören, wie jeder von ihnen euch Respekt beigebracht hat.“ 

 

Der erste Assistent sagte: „Mein Vater ist beim Militär. Er sagte immer:‚Respekt muss durch Stärke und Disziplin verdient werden. Gehe mit gutem Beispiel voran, und andere folgen.‘“ 

 

Der zweite Assistent sagte: „Meine Mutter ist Lehrerin. Sie sagte immer:‚Respekt kann gelernt werden.  Wenn du Regeln und Werte verstehst und ihnen folgst, wirst du selbst ein Vorbild.‘“

 

Der dritte Assistent sagte: „Meine Eltern sind Diamantenschleifer. Sie sagten immer:‚Jeder Mensch trägt einen ungeschliffenen Diamanten in sich. Wenn du ihn sanft formst und polierst, beginnt er zu glänzen.‘Diese Woche habe ich versucht, meinen eigenen Diamanten zu zeigen. Und was ich zurückbekam, war so viel Wärme, Hingabe und Respekt, dass es schien, als ob jeder Diamant zu
leuchten begann.“

 

Der alte Lehrer nickte. „Dann haben wir die drei Formen des Respekts gesehen:

 

1. Verdienter Respekt – durch Disziplin und Stärke
2. Gelernter Respekt – durch Verständnis und Tradition
3. Dienender Respekt – durch Freundlichkeit und Aufrichtigkeit
Jede Form ist anders, aber alle sind wertvoll. Und sie haben eines gemeinsam: Respekt muss
gegeben werden, um ihn zu empfangen. Und: Respekt kann verloren gehen, wenn er missbraucht
wird.Zum Glück hat keiner von euch das getan. Aber wenn auch nur einer den Respekt ausgenutzt
hätte, wäre er verschwunden wie Rauch im Wind.“

Denkanstoß:
Man findet diese drei Formen des Respekts verdient, gelernt und dienend in Klassenzimmern,
Familien, Sportteams, Unternehmen und sogar in den sozialen Medien.Doch Respekt ist zerbrechlich.
Er braucht Zeit, um aufgebaut zu werden… und nur einen Moment, um zerstört zu werden.Ein hartes
Wort, ein gebrochenes Versprechen oder Machtmissbrauch können Vertrauen zerstören. Jede Art von
Respekt birgt ein verborgenes Risiko:

1. Verdienter Respekt – Wird er zum Dominieren genutzt, entsteht Angst statt echter Achtung.
2. Gelernter Respekt – Wer seine eigenen Regeln bricht, verliert seine Glaubwürdigkeit.
3. Dienender Respekt – Ist die Freundlichkeit nicht echt, wird sie zur Manipulation.

Andererseits kann Respekt auch in einem einzigen ehrlichen Moment entstehen durch Aufrichtigkeit,
Bescheidenheit oder eine helfende Hand.Respekt ist nichts, was man besitzt. Er wird jeden Tag aufs
Neue verdient.