Fokus

Eines Tages ritt ein König durch sein Reich und kam in eine Gegend, die er noch nie zuvor besucht hatte. Als er sich umsah, bemerkte er einen Pfeil, der perfekt in der Mitte einer auf einen Baum gemalten Zielscheibe steckte. Ein Volltreffer, dachte er beeindruckt. Als er weiterritt, sah er noch einen Pfeil, ebenfalls genau in der Mitte einer Zielscheibe. Dann noch einen, und noch einen. „Das muss das Werk eines außergewöhnlichen Schützen sein!“, sagte der König zu sich selbst. „Jemand, der sich so konzentrieren kann, muss jahrelang trainiert haben. Diesen Meister der Disziplin muss ich kennenlernen.“ Er ritt ins nahegelegene Dorf und fragte einen Mann: „Wer hat diese Pfeile so perfekt geschossen? Ich möchte diesen unglaublichen Schützen treffen.“ Der Mann lächelte und zeigte auf ein Haus im Dorf.Der König schickte einen Diener, um an die Tür zu klopfen.Als ein Mann öffnete, fragte der König: „Bist du derjenige, der diese Pfeile geschossen hat?“ Der Mann verneigte sich und sagte: „Verzeiht, Majestät. Wenn ich ein Gesetz gebrochen habe, übernehme ich die volle Verantwortung.“ Der König war überrascht: „Ganz und gar nicht! Im Gegenteil ich bewundere eure Fähigkeit zutiefst. Immer die Mitte zu treffen, zeigt unglaublichen Fokus. Ihr habt meinen ganzen Respekt.“ Erleichtert und lächelnd sagte der Mann: „Mit allem Respekt, mein König, das war nicht ich. Es war meine zehnjährige Tochter.“ Er schob sanft ein schüchternes Mädchen nach vorne, das sich hinter ihm versteckt hatte. Der König war erstaunt: „Du hast das gemacht?“, fragte er. „Wie hast du es geschafft, jedes Mal ins Schwarze zu treffen?“ Verlegen antwortete das Mädchen leise: „Ich schieße einfach Pfeile aufs Geratewohl. Und wenn einer einen Baum trifft, male ich eine Zielscheibe drum herum... Aber ich verspreche, ich mache das nicht wieder.“

Denkanstoß
Wahre Meisterschaft zeigt sich nicht durch Titel, Worte oder perfekte Ergebnisse, sondern durch innere Haltung, Disziplin und Bescheidenheit. Lass dich nicht von einem „perfekten Volltreffer“ blenden vielleicht wurde das Ziel erst nachträglich gemalt. Ein wahrer Schüler oder Lehrer erkennt die stille Stärke, die keine Anerkennung braucht. Suche nach Echtheit und Demut statt nach äußerem Glanz.