
Der Samurai und die goldene Maske
Es gab einmal einen legendären Samurai, gefürchtet in allen Provinzen. Nicht nur wegen seiner unvergleichlichen Schwertkunst, sondern auch wegen seiner furchteinflößenden goldenen Menpo-Maske, die er in jedem Duell trug. Die Maske hatte dämonische Augen, scharfe Linien, einen eingefrorenen Ausdruck des Zorns. Niemand hatte jemals sein wahres Gesicht gesehen.In jedem Turnier siegte er. Seine Gegner zitterten schon beim Anblick. Für sie war er kein Mann sondern ein Mythos, eine unbesiegbare Kraft. Doch zu Hause sagte seine Frau eines Abends sanft: „Wenn du die Maske brauchst, um deine Feinde zu besiegen, dann fürchten sie, was du ihnen zeigst nicht wer du bist.“ Diese Worte erschütterten ihn. Er wollte beweisen, dass seine Stärke auch ohne Maske ausreichte. Also meldete er sich unter falschem Namen für ein Turnier an diesmal ohne Maske. Sein wahres Gesicht jung, freundlich, offen zeigte zum ersten Mal Emotionen, Zweifel, sogar Mitgefühl.Das gab seinem
Gegner Mut. Der Samurai verlor.Beschämt kehrte er nach Hause zurück und setzte wieder seine Maske auf. Doch etwas in ihm war nicht mehr wie zuvor. Er begann, seinen inneren Geist zu trainieren fudoshin, den unbewegten Geist.Er disziplinierte sein Herz, bis sein Gesicht auch ohne Maske unbewegt und unergründlich wurde. Nur seine Frau und Kinder sahen jemals wieder sein sanftes, wahres Gesicht. Für die Welt aber zeigte er Stille und Ruhe. Jahre später wurde sein Haus überfallen. Ohne Zeit, die Maske anzulegen, stellte er sich dem Feind. Sein Gegner
sah kein Gesicht der Angst, sondern eines aus Stein regungslos, tödlich ruhig.Der Feind geriet in Panik und floh. Der Samurai war zu etwas Größerem geworden: einem Krieger, dessen Stärke nicht länger aus Furcht oder Verkleidung kam, sondern von innen.

Denkanstoß
IIm Budo lernt man nicht, Emotionen zu unterdrücken, sondern sie zu meistern den „unbewegten Geist“ (fudoshin). Er bedeutet nicht, kalt oder gefühllos zu sein, sondern auch im Chaos ruhig, fokussiert und unerschütterlich zu bleiben.Diese innere Disziplin braucht tägliches Training.Frage dich: Trägst du Masken, um dich zu schützen? Oder trainierst du, eines Tages keine mehr zu brauchen?Wahre Stärke bedeutet, ohne Maske dazustehen und trotzdem standzuhalten.
„Nicht das, was du zeigst, sondern wer du bist, entscheidet.“